vom 5. September 2006
MÜNCHER SEITEN
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Neues vom Büchermarkt
Wunderliche Welt
der kleinen Läden
Es gibt sie noch immer in München - und manchmal schon wieder: die Besitzer kleiner Läden. Längst haben sie als mutige Schwimmer gegen den Strom der Kaufhäuser, Kettenläden, Discounter und Versandgeschäfte ein Lobliederbuch verdient. Ursula Jeshel hat es jetzt unter dem Titel ,,Mein Laden - mein Leben" geschrieben. Lisa Fuhr steuerte atmosphärestarke Fotos zu dieser Sammlung von 21 Kleingewerbe-Unternehmen bei. Damit belegen sie auch den Strukturwandel, dem Münchens Laden-Landschaft ausgesetzt ist.
Bäcker, Metzger, Kramer oder Milchfrau - früher in jedem Stadtviertel vielfach vertreten - sind überall auf dem Rückzug. Halten kann sich da und dort noch ein Familienbetrieb mit Tradition, ein Uhrengeschäft, ein Fotoladen, ein Elektrohändler - aber nur weil und so lange er auch Dienste leistet, mit denen sich die Großen nicht abgeben. Nachgerückt sind häufig Nischenentdecker, Spezialisten mit eigener Note. Nicht selten gehören sie zur Generation der Selbstverwirklicher. Sind quasi vom Kinderladen über den Umweg von Auslandstrips, abgebrochenem Studium und wechselnden Berufserfahrungen im eigenen Laden gelandet und setzen dort ihre Erfahrungen auf originelle und kreative Weise um. All diese unterschiedlichen Charaktere, ihr manchmal abenteuerliches Leben, die traditionelle Ladenwelt, die sie sich erhalten und die wunderliche, die sie sich geschaffen haben, ziehen in Wort und Bild vorüber.
Dass es sich nicht nur um einen informativen, sondern auch um einen literarischen Ladenbummel handelt, der den Leser kreuz und quer durch die Stadt führt, lässt bereits das Vorwort der Autorin ahnen. An Beispielen aus Werken etwa von Thomas Mann, Virginia Woolf und Christa Wolf demonstriert sie darin die inspirierende Wirkung der kleinen Läden auch auf die großen Literaten. rei
Ursula Jeshel / Lisa Fuhr: ,,Mein Laden - mein Leben", Buchendorfer Verlag, 118 Seiten, rund 100 Fotos, ISBN 978-3-937090-10-8; 16,80 €.
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